Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich voran. Und somit werden auch immer mehr neue Angebote erschlossen, die sich orts- und auch zeitunabhängig nutzen lassen. Derzeit besonders beliebt sind Sportwetten. Seit einigen Jahren steigen die Zahlen aktiver „Sportwetter“ rapide an, der Sportwettenmarkt generiert nicht nur in Deutschland Milliarden. Doch wie ist diese Begeisterung zu erklären? Wissenschaftler fanden nun heraus, dass dies nicht allein auf den technischen Fortschritt zurückzuführen ist.
Institut für Publizistik untersucht Sportwetten
Dass die Deutschen Sport, vor allem natürlich den Fußball, lieben, dürfte bekannt sein. Von Groß bis Klein, Jung bis Alt und auch von Mann bis Frau macht die Fußballbegeisterung in Deutschland keinen Unterschied zwischen Altersgruppen oder Geschlechtern. Fußball verbindet, und dies nicht erst seit der WM im eigenen Land 2006. Wie die Fußballbegeisterung allerdings ausgelebt wird, hat sich seit einigen Jahren doch etwas verändert.
“Wir haben beobachtet, dass Tippspiele immer beliebter werden.“
– Michael Sülflow, Studienleiter am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg Universität Mainz
Denn während der Anteil an Fußballfans, die häufig selbst gegen den Ball treten, immer weiter abnimmt – lediglich 6,3 Prozent aller deutschen Fußballfans spielen selbst regelmäßig –, steigt jährlich die Zahl derer, die aktiv Sportwetten abgeben. Über drei Millionen Deutsche geben Umfragen zufolge an, regelmäßig an Sportwetten teilzunehmen.
Wie aber ist diese Begeisterung zu erklären? Zwar steigt auch die Zahl der Sportwettenanbieter kontinuierlich an, Online-Casinos sind immer häufiger in TV-Werbesports vertreten und sponsern sogar die großen Mannschaften des deutschen Fußballs, trotzdem wollten sich Wissenschaftler des Instituts für Publizistik an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz nicht mit diesen Erklärungen zufriedengeben.
Deswegen entschlossen sich die Männer und Frauen um Studienleiter Michael Sülflow, Sportwetten etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. In ihrer Studie wollten die Wissenschaftler vor allem klären, worin genau die Begeisterung für Sportwetten liegt – und welche Strategien die Teilnehmer gerne nutzen.
Soziale Aspekte wichtiger als Gewinne
Im Zuge ihrer Untersuchung erstellten die Mitarbeiter der Mainzer Universität eine eigene private Tipprunde mit insgesamt 300 Teilnehmern, von denen 60 Prozent männlich, 40 Prozent weiblich waren. Diese Verteilung sollte der tatsächlichen Geschlechterverteilung der Menschen entsprechen, die regelmäßig an Sportwetten teilnehmen.
“Diese Verteilung Geschlechterverteilung entspricht den Erwartungen bei solchen Wettgemeinschaften.“
– Michael Sülflow, Studienleiter am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg Universität Mainz
Während der Untersuchung wurden die Teilnehmer zu ihrem Wettverhalten befragt. Dabei ging es vor allem um Wettstrategien, die Nutzung von Medien zur Informationsgewinnung und die eigentliche Motivation, überhaupt an einer Tipprunde teilzunehmen.
Am Ende stellte sich heraus, dass es für viele Teilnehmer gar nicht nur die Sportbegeisterung war oder die Aussicht auf Geldgewinne, sondern der soziale Aspekt, der für Spielfreude und Motivation sorgte. Das gemeinsame Unterhalten über Strategien, die Diskussion über Ergebnisse und die Sicherheit, mit Freunden und Kollegen ein Gesprächsthema zu haben, das alle gleichermaßen interessiert, seien hier die ausschlaggebenden Punkte gewesen.
Die Bestinformierten gewinnen
Interessant ist allerdings auch, wer am Ende unter den Teilnehmern das Rennen machte. Denn wie sich herausstellte, konnten sich auf den vorderen Plätzen diejenigen behaupten, die nicht nur ihrer Intuition und dem Bauchgefühl folgten, sondern die ihre Wetten mit System platzierten.
“Vor allem die Männer machen jedoch bei solchen Wetten mit, weil sie sich mit anderen messen wollen. Und wer sich mehr über Fußball informierte, schnitt auch besser ab.“
– Michael Sülflow, Studienleiter am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg Universität Mainz
Deutlich wurde auch, dass die Mediennutzung teils um das Dreifache anstieg. Die Teilnehmer nahmen die Tipprunde also durchaus ernst und versuchten, sich über einschlägige Medien einen Informationsvorteil zu verschaffen. Am Ende waren es dann auch diese Personen, die bessere Tippergebnisse erzielten.
Insgesamt konnten die Wissenschaftler drei Wettstrategien benennen, die von allen Teilnehmern genutzt wurden:
- Experten-Strategie: Diese Teilnehmer wetteten auf Grundlage von Informationen, die sie auch Medien bezogen. Die letzten Spielergebnisse, aktuelle Mannschaftsinformationen und die Form einer Mannschaft wurden dabei beachtet.
- Daten-Strategie: Diese Teilnehmer beachteten bei der Abgabe ihrer Tipps ausschließlich die Wettquoten.
- Sympathie-Strategie: Hier spielten emotionale Aspekte eine Rolle, beispielsweise wurde auf die Lieblingsmannschaft gesetzt oder auf Teams, in denen besonders sympathische/attraktive Spieler spielten.
Am Ende kamen die Wissenschaftler übrigens zu dem Schluss, dass eine Kombination der Experten- und Datenstrategie langfristig die besten Aussichten auf Erfolg habe, auch wenn es, wie erwähnt, für viele darauf gar nicht so sehr ankommt.